Gesundheitsrisiken von HBCD (Hexabromcyclododecan)

Hexabromcyclododecan (HBCD) ist ein bromhaltiges Flammschutzmittel, das in großem Umfang in der Bauwirtschaft verwendet wurde – insbesondere in expandiertem Polystyrol (EPS) und extrudiertem Polystyrol (XPS), also Styropor-Dämmstoffen. HBCD ist heute wegen seiner Persistenz, Bioakkumulation und toxischen Wirkung als besonders besorgniserregender Stoff (SVHC) eingestuft und weitgehend verboten.

Obwohl HBCD in Baustoffen chemisch gebunden vorliegt, kann es sich unter bestimmten Bedingungen in die Umwelt und den Innenraum freisetzen und stellt dadurch ein gesundheitliches Risiko dar.

Aufnahmewege im Körper

HBCD kann auf verschiedenen Wegen in den menschlichen Körper gelangen:

  • Einatmen von HBCD-haltigem Staub oder Dämpfen, insbesondere bei Rückbau und Zerkleinerung von Dämmstoffen
  • Verschlucken kontaminierter Hausstaubpartikel (besonders bei Kleinkindern relevant)
  • Hautkontakt mit staubenden oder beschädigten Materialien (eher untergeordnete Bedeutung)

Aufgrund seiner Fettlöslichkeit kann HBCD im Körper – vor allem im Fettgewebe – gespeichert werden.

Mögliche gesundheitliche Auswirkungen

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den direkten Gesundheitsrisiken beim Menschen sind noch begrenzt, doch Tierversuche und Beobachtungen liefern deutliche Hinweise:

Auswirkungen auf das Nervensystem

  • Studien zeigen, dass HBCD die Entwicklung des zentralen Nervensystems beeinträchtigen kann.
  • Bei Tieren wurden Verhaltensänderungen, Beeinträchtigungen der motorischen Fähigkeiten und Störungen des Lernverhaltens beobachtet.

Endokrine Effekte (Hormonstörungen)

  • HBCD wirkt als sogenannter endokriner Disruptor und kann das Hormonsystem stören.
  • Insbesondere Schilddrüsenhormone können beeinflusst werden, was sich negativ auf Wachstum, Stoffwechsel und Entwicklung auswirkt.

Reproduktionstoxische Wirkungen

  • Tierversuche deuten auf mögliche Fruchtbarkeitsstörungen und Beeinträchtigungen der Embryonalentwicklung hin.
  • Es gibt Hinweise, dass HBCD die Spermienqualität und den Hormonhaushalt beeinträchtigen könnte.

Krebsrisiko

  • Die Datenlage ist bisher nicht eindeutig.
  • Aufgrund der ähnlichen Wirkmechanismen wie andere bromierte Flammschutzmittel wird ein potenzielles Krebsrisiko diskutiert, insbesondere bei langfristiger Aufnahme über Umweltpfade.

Besondere Gefährdungssituationen

  • Sanierungs- und Rückbauarbeiten: Beim Entfernen, Schneiden oder Zerkleinern von EPS- oder XPS-Platten kann HBCD-haltiger Feinstaub entstehen.
  • Alte, beschädigte Dämmstoffe: Auch ohne mechanische Bearbeitung kann es zur Diffusion von HBCD an die Oberfläche und in den Hausstaub kommen.
  • Brandsituationen: Beim Brand HBCD-haltiger Materialien können gefährliche Abbauprodukte wie bromierte Dioxine und Furane entstehen, die stark toxisch sind.

Risikogruppen

  • Bauarbeiter, Sanierungs- und Entsorgungspersonal, die ohne geeignete Schutzmaßnahmen mit belasteten Dämmstoffen umgehen
  • Bewohner von Gebäuden mit alter, schadstofffreisetzender Dämmung (vor allem in schlecht belüfteten Bereichen)
  • Kleinkinder, aufgrund ihrer höheren Staubaufnahme und empfindlichen Entwicklung

Bewertung und Grenzwerte

  • Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) listet HBCD als besonders besorgniserregenden Stoff (SVHC).
  • HBCD ist seit 2015 unter der Stockholm-Konvention als persistenter organischer Schadstoff (POP) weltweit reglementiert.
  • In der Raumluft sollten HBCD-Staubkonzentrationen so gering wie möglich gehalten werden; es existieren jedoch bislang keine verbindlichen spezifischen Innenraum-Grenzwerte.